Diesen Samstag ist es soweit: Es ist für mich eine Ehre, die öffentliche Festaufführung HO’IKE der Berliner Hula Schule Hālau Hula Makahikina am 28. Oktober 2017 zu moderieren. Durch meine langjährige Beschäftigung mit hawaiianischer Kultur und Heilkunst, erhielt ich die Einladung dazu von Dr. Monika Lilleike, Leiterin der Hālau Hula Makahikina. Die alle fünf Jahre stattfindende Aufführung mit Gästen aus ganz Europa ist ein sogenanntes HO’IKE der Schule. HO’IKE bedeutet, den Stand des Könnens und Wissens zeigen.
Hula ist Poesie in Bewegung
Für viele eine unbekannte Welt – was ist also Hula ’Ōlapa? „Hula im alten Stil praktiziert, verbindet die Kraft der hawaiianischen Kampfkunst mit der Poesie des traditionellen Tanztheaters. Hula lebt von der Verbindung zur Natur und ist eingebunden in die Schulung der inneren Sammlung- und Konzentrationsfähigkeit in Bewegung. Er erweitert die Sinneswahrnehmung und das Bewusstsein. Begleitet durch Gesänge und Percussion, erzählen die Hula ’Ōlapa Darsteller*innen mit kraftvoller Schrittbewegungen und ausdrucksstarker Gesten vom Leben auf Hawai’i: von Menschen, Königen und Göttern, von der Natur, dem Ozean, den Winden, den Wäldern und Vulkanen.“ sagt Monika Lilleike, die als eine der wenigen Europäerinnen Hula nach alter Art in Hawai’i lernen durfte.
Hula ist Lebenskunst
Der Hula ist die traditionelle hawaiianische Form, Wissen zu vermitteln. Sowohl Sprache, Geschichte, Handwerk und Heilkunst, alles wird in Form von Hula übermittelt. Hula ist die lebendige Geschichte und Kultur der pazifischen Völker. Hula als Lebenskunst schult persönliche, künstlerische, kampfkünstlerische und spirituelle Bereiche des Menschen.
Wer Hula in seiner traditionellen Form lernt, lernt nicht nur eine tänzerische Ausdrucksform und Bühnenkunst, sondern auch verschiedene Instrumente, Gesänge, Gebete, Kampfkunst, authentische Geschichte aus Sicht der Hawaiianer, und Handwerkskünste, wie die Herstellung von Stoffen, Instrumenten und Schmuck aus Blättern und Blumen sowie traditionellem Druck und Design.
Hula ist eine Reise nach Innen
Ähnlich wie auch bei den asiatischen Kampfkünsten, wird der ernsthafte Schüler mit seinen tiefliegenden Gewohnheiten und Blockaden konfrontiert. Hula als ganzheitlicher Schulungsweg spricht die gesamte Persönlichkeit eingebunden als Teil der Gruppenerfahrung an. Der Hula verlangt ein Sich-Einlassen, um sich weiterentwickeln zu können; ist nicht nur für Hawaiianer ein hervorragender und sehr freudiger, lebensbejahender Weg, die eigene Geschichte, Familie und Umgebung kennenzulernen und aufzuarbeiten. Hula wird sowohl von Frauen als auch von Männern gemeinsam praktiziert.
Durch das Üben der tänzerisch-gestischen Bewegungsabfolgen und das Chanten, kommt man unter der Anleitung eines guten Kumu (Lehrers) schnell vom Kopf in den Körper. Wie auch beim Lernen der hawaiianischer Massage Lomi Lomi Nui oder den Kampfkünsten, wird gelernt über den Körper wahrzunehmen. Intellektuelle Überlegungen treten in den Hintergrund und das eigentliche Leben kann stattfinden bzw. das wahre Selbst kommt zum Vorschein. Das Individuum tritt zurück zugunsten der Gruppe. Fragen beantworten sich selbst von selbst durch das direkte Tun und dem persönlichen Erfahren der Zusammenhänge.
PONO als Fundament eigenverantwortlicher Lebensführung
In den einzelnen Hulas, die zum Repertoire der Schule gehören, geht es um die Ehrung von Königinnen und Königen, Göttinnen und Göttern. Man kann sozusagen durch die Geschichte hinweg, an der Kolonialisierung der Inseln vorbei, einen Blick auf die tatsächlichen Ereignisse werfen.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Hula ’Ōlapa ist Aloha Ha’aha’a, was mit Demut übersetzt werden kann. Im Verhältnis der Schüler*innen und des Kumu und auch der Schüler*innen untereinander, geht es um Disziplin, Respekt, Diskretion und Eigenverantwortung. ALOHA gibt es nicht „for free“, es ist eigenverantwortliche Arbeit am Selbst und führt zu einem soliden Fundament der gesamten eigenen und gemeinschaftlich orientierten Lebensführung, das PONO genannt wird. Der Hula ist eine Übung des Herzens, ALOHA zu praktizieren und PONO zu werden im aufrichtigen und achtsamen Umgang mit den Lebensgrundlagen der Natur und im gesellschaftlichen Miteinander der Menschen.
Hula ist interkultureller Austausch auf Augenhöhe
Dass es den Hula in seiner traditionellen Form heute noch gibt, ist vorallem dem vorletzten hawaiianischen Monarchen König David Kalākaua zu verdanken, der sich nach dem fast vollständigen Verschwinden des Hulas durch die Christianisierung dafür eingesetzt hat, die alten Künste zu bewahren und zu ehren. Kalākaua war ein Visionär, der seiner Zeit weit voraus war.
Er führte im neu gebauten Königspalast noch vor dem Weißen Haus elektrisches Licht und Telefon ein und setzte sich u.a. für das Frauenwahlrecht und die nationale Unabhängigkeit Hawai’is ein. Er reiste zweimal um die Welt, besuchte auch Berlin und brachte europäische Einflüsse aus Musik und Kunst nach Hawai’i. Heute wird er als ,The Merrie Monarch‘ im Rahmen des größten Hula-Festivals geehrt, dem MERRIE MONARCH FESTIVAL.
Heutzutage ist der Hula Ausdruck des interkulturellen Austauschs auf Augenhöhe. Keiner indigenen Kultur ist es bisher so erfolgreich gelungen, die Folgen der Kolonialisierung zu überwinden und ihre ursprünglichen Werte, Sprache und Kultur zu erhalten und zu leben. Die Renaissance des alten Wissens der pazifischen Völker und deren traditionelle Technologien könnten die Lösung zur Erhaltung und Heilung dieses für uns alle wichtigen Öko- und Klimasystems sein.
„Hula is the language of the heart and therefore the heartbeat of the Hawaiian people – Hula ist die Sprache des Herzens und deshalb der Herzschlag des hawaiischen Volkes.“ King David Kalākaua
Weltumseglung zeigt tiefes Wissen
Im Juni diesen Jahres kehrte die Hōkūle’a* von ihrer zweijährigen Weltumseglung nach Hawai’i zurück und hat damit den Beweis angetreten, dass die traditionellen Technologien und Navigationstechniken kein Humbug sind oder rückständig genannt werden dürfen. Vielmehr haben wir es mit der vitalen, lebensbejahenden Kultur eines Volkes zu tun, welches eine wichtige Schlüsselrolle im pazifischen Lebensraum einnimmt. *Hōkūle’a ist eines der nach traditioneller Art der pazifischen Völker gebauten und gesteuerten Boote.
Das HO’IKE lädt am 28.10.2017 ein in die Werkstatt der Kulturen, Wissmannstr. 32, 12049 Berlin. Eintritt: 12 € für Erwachsene/ 8 € für Kinder / Eintritt inkl. kleiner Imbiss. Kartenvorverkauf: info@hula-makahikina.de. Zur Schule: www.hula-makahikina.de & Facebook
Die Autorin Ute Baacke bietet hawaiianische Massage und Ausbildungen an.
Dieser Artikel ist eine Wiederholung vom August 2017.