Frauenwissen
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Mond und Naturzyklen – Frauenweisheit

Collage © May, Anouk und Katharina Wyss

In uralten Zeiten entstand das Wissen um Mond und Naturzyklen. Unternehmen wir eine Reise in die alte Zeit, geben wir unsere gewohnten Vorstellungen über Bequemlichkeiten wie fließendes, warmes Wasser oder eine Heizung „rund um die Uhr“ ab. Wir treten ein in eine Zeit, in der die Menschen ihre Erfahrungen vor allem über rhythmische Abläufe machten, über Tätigkeiten, die ihr Überleben sicherten: Sie sammelten die Beeren, das Obst. Sie webten ihre Kleidung aus Pflanzenfasern, aus dem Hanf oder der Brennnessel. Sie stellten ihre Musikinstrumente aus Knochen und aus Holz her. Die Menschen schafften sich Vorräte für den Winter an.

Gelebte Spiritualität war eingebettet in Naturverehrung und Rituale, die nach Sonnen- und Mondständen im Jahreskreis ausgerichtet wurden. Allgegenwärtig war die Vorstellung, dass das Leben ein Kreislauf ist. Dieser Kreislauf des Lebens bestand aus Abläufen wie Leben und Tod, Anfang und Ende und beinhaltete somit vor allem das Erleben von Rhythmen. Aus dem Erleben und Einbeziehen der natürlichen Zyklen entstanden der Lebens- und der Jahreskreis.

Die große Frage, die die Menschen beschäftigte, war, wer das Leben gebiert. Es sind jene Zeiten, in denen die Verehrung der großen Muttergöttin in ihrer Dreifaltigkeit begann. Unter dem weiblichen Aspekt betrachtet handelt es sich um die drei Lebenszyklen: Weiß – Rot – Schwarz. Aus dem Märchen von Schneewittchen kennen wir diese Analogie: „so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz“, im Frauenleben besser als Mädchen, reife Frau und weise Alte bekannt. Also wurden die Lebenszyklen und das Lebensblut gefeiert, das fruchtbarkeitsspendende Blut. Wir kennen überlieferte Zeremonien, in denen dieses Blut der Erde als Gabe übergeben wurde. Wie zur Osterzeit, in der die Fruchtbarkeit in die Natur zurückkehrt. Das Blut der Mädchen, die zum ersten Mal bluteten, wurde den Feldern geschenkt. Tänze wurden veranstaltet und durch das gemeinsame Stampfen die Erdgöttin aus dem Winterschlaf erweckt.

Die natürlichen Rhythmen

Lange Zeit waren die drei Mondphasen das universelle Prinzip. Die heilige Zahl 3 stand mit der Mondin und ihren drei sichtbaren Symbolen in Zusammenhang. Aus ihr formten sich die drei Lebenszyklen der Muttergöttin. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurden vier Abschnitte eingeteilt: Der Frühling, der Sommer, der Herbst und der Winter. Was bedeuten sie im Leben einer Frau?

Der zunehmende Mond, der Frühling, ist wie ein junges Mädchen, das heranreift und wächst. Sie ist die Weiße, die noch nicht Blutende. In diesem Lebensabschnitt dienen alle Vorbereitungen zum Erwachsenwerden dazu, eine selbstbewusste und eigenständige, würdevolle Frau ins Leben zu bringen. Das Mädchen weiß in ihrer ganz jungen Phase vielleicht noch nicht ganz so viel von diesen Dingen, wird aber mehr und mehr dahin und dazu eingeweiht. Das Licht dieses Mondes ist zart und birgt die Vorstellung der Vollendung. Die Mondphase selbst ist gut für Aufbauprozesse jeglicher Art. In dieser Zeit reift das Ei heran zum Eisprung und wird wie durch ein Wunder von der Eileiter aufgenommen.

Das Leben ist ein Wunder

Der Vollmond ist dem Sommer zugeordnet, die Fülle und der Reichtum im Außen werden ganz geoffenbart. Überall in der Natur sind nun Leichtigkeit und Unbeschwertheit erlebbar. Und dennoch ist dieser Reichtum nur für eine begrenzte Zeit vorhanden, so ist es im Leben einer Frau auch weise, sich bereits in dieser Zeit gut auf dem Herbst des Lebens vorzubereiten. Der Vollmond steht für Fruchtbarkeit, so kann in dieser Zeit Leben entstehen, wenn der Same in eine Eizelle eindringt. Alles wächst und gedeiht wie von allein. Ist das Leben nicht ein Wunder?

Dann nimmt der Mond ab und somit auch seine Strahlkraft. Die Energien ziehen sich zurück. Wie der Herbst selbst, „erblüht“ alles noch einmal, zeigt sich in einer besonderen Farbe, bevor die Blätter dann zu rascheln beginnen und auf die Erde fallen. Die Kräfte werden nun im Inneren benötigt. Der Wind weht noch so manchen Gedanken fort und so manche Frau ist auch in dieser Zeit des Lebens noch stürmisch unterwegs. Das darf sie auch, denn es ist eine Zeit des Aufräumens, des Loslassens, ein Abschied. Im Leben der Frau geht die Fruchtbarkeit zurück. Es ist eine Zeit des Wandels: was sich hier wechselt und wandelt sind „die Wechseljahre“ – zwischen Fruchtbarkeit und einer gereiften Weisheit, die sich mehr und mehr entfalten mag. Unter diesem Mondstand ist es noch möglich, ein Kind zu empfangen, bevor die Gebärmutter ihr rotes Kleid ablegt.

Weise Begleiter

Der Schwarzmond, nicht sichtbar und dennoch in seiner vollen Stärke, wirkt dunkel und unwirklich über die Grenzen der Zeit hinaus: Bei naturnahen Völkern bluten noch heute die Frauen zu dieser Mondphase. Es ist die Zeit, in der die Kräfte sich ganz nach innen bewegen, es ist ein Rückzug und im Weiteren ein Heimweg. Sie steht auch für Klarheit und Struktur, das Wesentliche an sich. So sind die Weisen doch die Alten, die über Leben und auch den Tod Bescheid wissen. Unter dem Neumond wird losgelassen, das Blut abgegeben, betrauert und gleichzeitig Energien für die Zeit des Neuaufbaus gesammelt. In das tiefste Dunkel wird wieder das Licht geboren.

Die Natur- und Mondzyklen können unsere weisen Begleiter sein. Auch die Menstruation folgt der Weisheit des Mondes und seinen Phasen. Wir Frauen haben einen 28-Tage Zyklus wie der Mond. Daher sind wir mit ihm wie mit einem unsichtbaren Band verbunden. Wir sind Mondfrauen.

PS: Als eine der großen Frauenheilpflanzen ist der Frauenmantel bekannt. Mit seiner mondhaften Signatur wirkt er unterstützend, nährend und wie ein Schutzmantel.

Der Artikel ist erstmals im KGS Berlin print und online erschienen.

Die Autorin Petra Hinze ist Heilpraktikerin für Psychotherapie & Ritualleiterin. > zum Portrait

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