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Im Kontakt sein. Gestalttherapie als Methode oder Haltung?

© fotolia, jonnysek

Mein Einstieg in die Gestalttherapie begann in den 90ziger Jahren, durch meine
therapeutische Arbeit in einer psychiatrischen Klinik. Musik war dort mein Medium, um Menschen mit sich und Anderen in Kontakt zu bringen. Damals, wie auch heute, ist es für mich wichtig, mit den Patienten auf Augenhöhe und in Respekt zu arbeiten – die Empfindungen, Wahrnehmungen und Erlebnisse der Patienten wertzuschätzen und nicht nur als Symptome einer Krankheit anzusehen.

Ich beobachtete, dass das, was die Patienten an eigenem Erleben mitbrachten, im Kontakt mit mir und in der Gruppe eine Wandlung und Veränderung hervorbrachte und arbeitete damit. Diese Erfahrungen und mein in Frage stellen, was als normal oder pathologisch bezeichnet wird, haben mich zur Gestalttherapie gebracht.

Der Begriff Gestalt ist aus der Gestaltpsychologie übernommen und bedeutet Ganzheit. Jede Begegnung, jedes Ereignis, wir selbst, werden als eine Gestalt, eine Ganzheit betrachtet. Wenn diese Ganzheit beeinträchtigt ist, durch ungelöste Konflikte, Traumata, verhärtete Beziehungsmuster usw., erleben wir das als Leiden oder auch als eine Krise. Ausdruck davon sind oft auch körperlichen Beschwerden verschiedener Art, für die es keine medizinische Erklärung gibt.

In der Gestalttherapie liegt der Fokus darauf, die abgelehnten und verschütteten Anteile von sich wahrzunehmen, den Kontakt zu sich selbst wieder herzustellen und damit jeden Menschen innewohnenden Selfsupport zu aktivieren, so dass Entscheidungen wieder möglich sind. Dabei greiften die Gestalttherapeuten die aktuellen Erfahrungen, Gefühle und Empfindungen im Hier und Jetzt des Klienten auf. Es wird davon ausgegangen, dass sich all das, was Bedeutung für uns hat, in dem abbildet, wie wir gerade da sind. Den Begriff Selfsupport prägte übrigens Laura Perls, die Gründerin der Gestalttherapie.

In der Therapie, die Aufmerksamkeit und das Gewahrsein auf das zu richten, was im Augenblick spürbar ist und damit in Kontakt mit dem Gegenüber zu gehen, ist ein Kernstück der Gestalttherapie und bewirkt Veränderung. Das geschieht oft unspektakulär, mitunter ,nebenher‘, manchmal auch leicht. Die Therapeutin bzw. der Therapeut ist nicht in der Rolle den Klienten zu verändern, sondern ihn zu ermutigen, so zu sein wie er ist und nicht, wie er glaubt sein zu müssen.

Arnold R. Beisser (1925-1991), Psychiater und Gestalttherapeut, benannte das als das Paradoxon der Veränderung: Veränderung geschieht nicht durch Bemühen, Überzeugung oder gar mit Zwang, vielmehr entsteht Veränderung, wenn der Klient aufgibt anders sein zu müssen. „Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist.“

Die Autorin Dr. phil. Silke Wolf ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Gestalttherapie und Körperpsychotherapie. > zum Portrait

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